1 Jahr vor der Bundestagswahl: Fakten-Check zum 10-Punkte-Programm
Statt Vollgas – nur im 1. Gang: Neubau von Wohnungen ist „GroKo-Problembaustelle“
Den „Erledigt“-Stempel kann die Große Koalition in Sachen Wohnungsbau getrost in der Schublade lassen. Die Wohnungsbaupolitik ist eine „offene Baustelle“. Darin sind sich sieben führende Organisationen und Verbände der Bau- und Immobilienbranche einig. Als „Verbändebündnis Wohnungsbau“ übten sie am Donnerstag in Berlin deutliche Kritik an der Wohnungsbaupolitik der schwarz-roten Bundesregierung. „Die GroKo hat ihre Hausaufgaben nicht gemacht“, urteilt die Branche.
Zu den Hausaufgaben zählt in erster Linie das 10-Punkte-Programm, das Bundesbauministerin Barbara Hendricks zum Abschluss des Bündnisses für bezahlbares Wohnen und Bauen als „Wohnungsbau-Offensive“ vorgelegt hat. Das ist knapp ein Jahr her. Ein Jahr vor der Bundestagswahl machte jetzt das „Verbändebündnis Wohnungsbau“ den Fakten-Check.
Das Ergebnis: Bei 10 To-do-Punkten stehen die Zeichen für die Bundesregierung kein einziges Mal auf Grün – für „abgehakt“. Sieben Mal sieht die GroKo Gelb. Diese Punkte hat sie wenigstens auf den Weg gebracht, allerdings bislang ohne zufriedenstellende Ergebnisse. Und gleich drei Mal gibt es die „Rote Karte“. Das Fazit des Verbändebündnisses: „Die Große Koalition ist über die Analysephase kaum hinausgekommen. Es ist der Bundesregierung nicht gelungen, die entscheidenden Punkte für mehr Wohnungsbau voranzubringen sowie Länder und Kommunen mit ins Boot zu holen. Statt Vollgas zu geben, fährt der Wohnungsneubau im ersten Gang.“ Der Wohnungsbau werde somit eines der zentralen Wahlkampfthemen bei der im kommenden Jahr anstehenden Bundestagswahl.
Um bezahlbare Wohnungen zu schaffen, steht beim „Verbändebündnis Wohnungsbau“ ein Punkt ganz oben auf der To-do-Liste: die Erhöhung der linearen Abschreibung von 2 auf 3 Prozent. Ebenso dringlich ist die zielgerichtete Förderung über Investitionszulagen. Beide Wohnungsbau-Anreize seien dringend überfällig. Passiert sei jedoch nichts – daher die „Rote Karte“.
Bund, Länder und Kommunen sollten Bauland bereitstellen und dabei nicht ausschließlich auf den Profit schielen. Verbilligte Grundstücke für gute Konzepte waren das Ziel. Hier ließen klare und umfangreiche Regelungen jedoch auf sich warten. Auch dafür sieht die öffentliche Hand Rot.
Der Vorschriften-Dschungel im Baurecht sollte durch eine einheitliche Muster-Bauordnung in den Ländern leichter zu durchdringen sein. Auch hier: Fehlanzeige. Als Preistreiber für den Wohnungsneubau gelten hohe Energie-Standards. Die Forderung der Branche zielt auf eine Aus-zwei-mach-eins-Lösung ab: Energie-Einsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) sollten in einem neuen Gesetz zusammengeführt werden – und zwar unter Beachtung wirtschaftlicher Prinzipien für den Wohnungsbau. Hier gibt es zwar Überlegungen, die in die richtige Richtung gehen, aber noch keinen Gesetzentwurf. Die Branche zeigt dem Bund deshalb die „Gelbe Karte“.
Selbst bei der Förderung des sozialen Wohnungsbaus und bei der Stärkung des genossenschaftlichen Wohnens erkennt das „Verbändebündnis Wohnungsbau“ noch längst nicht die Tatkraft, die notwendig wäre. Für den wichtigen Bereich der Wohn-Förderung für Haushalte mit niedrigem Einkommen gibt es daher nur die „Gelbe Karte“. Auch andere Ziele seien, so die Branchenvertreter, nicht erreicht. Dazu gehören nach Angaben des „Verbändebündnisses Wohnungsbau“, dass in bereits vorhandenen Wohnsiedlungen mehr Wohnraum entsteht. Außerdem müssten Brachflächen genutzt und Baulücken geschlossen werden.
Zudem gehe es nach wie vor darum, das Normungswesen auf den Prüfstand zu hieven. Auch die Aufgabe, das serielle Bauen für ansprechenden und günstigen Wohnraum zu forcieren, sei noch längst nicht erfüllt. Hiervon würden insbesondere Studierende, Azubis, Rentner und Flüchtlinge profitieren. Noch längst nicht erledigt sei zudem das Vorhaben, die Stellplatzverordnungen zu flexibilisieren. Und auch wenn es darum gehe, bei Neubauvorhaben in der Bevölkerung für mehr Akzeptanz zu werben, gebe es noch eine Menge zu tun.
In dem „Verbändebündnis Wohnungsbau“ haben sich der Deutsche Mieterbund (DMB), die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), der Zentralverband Deutsches Baugewerbe (ZDB), der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) und die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) zusammengeschlossen. <link file:405>weiter zur PM als pdf</link>